Aktueller Hinweis
DBB-Info vom 29. Juni 2007
zur Tarifsituation in Hessen im PDF-Format. Als Anlage hierzu haben
wir das
verdi-Flugblatt vom 26. Juni 2007 ebenfalls für Sie hier veröffentlicht,
ebenfalls als PDF-Datei.
Informationen unseres
Tarifbeauftragten
Tarifvertreter
Günter Kowalski Dienststelle: H.B.Wagnitz-Seminar - Außenstelle VCC-Südhessen, Marienburgstraße 74, 64297 Darmstadt
Telefon: (0 61 51) 50 74 01 Fax: (0 61 51) 5 07-3 50 E-Mail: g.kowalski@bsbd-hessen.de
BSBD – Infoservice Nr.: 06/2007
Einen „kühlen
Kopf“ bewahren…
...diesen allseits bewährten Ratschlag
möchte man in diesen Tagen gerne einigen Kolleginnen und Kollegen von ver.di
und den anderen DGB Gewerkschaften empfehlen.
1. Was ist denn da
passiert? Was bringt die Gemüter derart in Wallung?
Der Beamtenbund hat mit der hessischen
Landesregierung für die hessischen Beamtinnen und Beamten der Landesverwaltung
nach langen Jahren stagnierender Einkommen bei spürbaren Reallohnverlusten eine
besoldungspolitische Vereinbarung getroffen. Nach übereinstimmenden Berechnungen
beträgt das ausgehandelte Besoldungsvolumen – bezogen auf den Zeitraum November
2007 bis Dezember 2008 – 3,1 Prozent. Die Kosten des Besoldungspaketes liegen
bei insgesamt 170,4 Mio. Euro.
Vergleicht man diese Besoldungserhöhungen
mit den Ergebnissen aus anderen Bundesländern – unverdächtigerweise nachzuprüfen
unter der Webseite
www.beamte.verdi.de – bewegt sich das hessische Ergebnis respektabel im
Vorderfeld der Abschlüsse.
Soweit - so gut. Diese für die meisten
Beamtinnen und Beamten wichtige und beachtliche Einkommensperspektive hat für
ver.di und die anderen DGB Gewerkschaften allerdings einen entscheidenden
Makel. Sie waren an den Verhandlungen nicht beteiligt. Die Reaktion war
entsprechend heftig. In einer Flut von Presseveröffentlichungen und
Flugblättern, die zu einem erheblichen Teil von Missverständnissen,
ideologischen Reflexen und gelegentlich auch von „Selbstmitleid“ geprägt waren
wird das ausgehandelte Besoldungsergebnis „heruntergeredet“ und völlig verzerrt
dargestellt.
Der BSBD Hessen unternimmt mit diesem „Denkzettel“
den Versuch sachlich und ohne Häme für unsere „Mitwettbewerber“
den Besoldungskompromiss in seinen wesentlichen Teilen zu beschreiben,
Hindergründe sichtbar zu machen und Missverständnisse zu berichtigen.
2.
Die Messlatten des
Besoldungsergebnisses
Für die Verhandlungsführer des dbb, Walter
Spieß und Anne Schauer, war es ein erklärtes Ziel, eine spürbare lineare
Besoldungserhöhung auszuhandeln und diese, wenn möglich, mit einer kräftigen
Einmalzahlung zu flankieren. Außerdem sollten die Versorgungsempfänger an den
Einkommenszuwächsen partizipieren.
Eine weitere Messlatte ist für den dbb,
übrigens ebenso wie für verdi, die am 1.1.2008 im Tarifvertrag – Länder
ausgehandelte Tariferhöhung von 2,9 Prozent. Ver.di hat deshalb in seiner
Bundesbeamtenkonferenz Anfang Mai 2007 empfohlen, in den Bundesländern in denen
die lineare Besoldungserhöhung die Messlatte von 2,9 Prozent nicht erreicht,
zusätzliche Einmalzahlungen zu vereinbaren. Auf der gleichen Veranstaltung
kündigt ver.di rechtliche Schritte gegen die Bundesregierung an, da es nicht
gelungen ist, auf der Bundesebene Versorgungsempfänger an der Besoldungserhöhung
teilhaben zu lassen.
Für die Bewertung des Besoldungsergebnisses
ist es interessant, vergleichsweise die Ergebnisse anderer Bundesländer zu
betrachten. Nicht nur wegen der räumlichen Nähe schauen wir uns die
Besoldungssituation in Rheinland Pfalz an. Dort bekommen die Beamtinnen und
Beamten des gehobenen und höheren Dienstes 2007 und 2008 jeweils 0,5 Prozent
mehr. Der einfache und mittlere Dienst erhält einen Ausgleich für eine
unterstellte Preissteigerung von 1,7 Prozent.
Legt man nun diese nachprüfbaren und
unverdächtigen Messlatten an dem ausgehandelten Besoldungsergebnis an, stellt
man leicht fest, dass dem Beamtenbund Hessen ein solider Abschluss gelungen ist,
der sich bundesweit sehen lassen kann.
3. Lineare Erhöhungen
und Einmalzahlungen – ein Widerspruch?
Die Verhandlungsführer der hessischen
Landesregierung gingen in die Besoldungsgespräche mit einem Mix aus linearer
Erhöhung und Einmalzahlung. Diese Strategie ist nicht neu und wird in der
weitaus größten Zahl von Besoldungsvereinbarungen in den Bundesländern mit
Zustimmung von Beamtenbund und ver.di angewandt.
Allerdings sind beide Komponenten
„kommunizierende Röhren“. Reduziert man die Einmalzahlung steigt die lineare
Erhöhung und umgekehrt. Der Besoldungskompromiss liegt in einer gerechten
Balance der beiden Komponenten.
Trotz einer beachtlichen linearen Erhöhung
von 2,4 Prozent ist es gelungen, eine Einmalzahlung von 20 Prozent eines
Monatsgehaltes bis zur Besoldungsgruppe A 8 und ab der Besoldungsgruppe A9 eine
Einmalzahlung von 15 Prozent eines Monatsgehaltes auszuhandeln. Die
Einmalzahlung wird im November 2007 ausgezahlt.
Werden wir konkret: Bei einem verheirateten
Beamten im Endgrundgehalt mit 2 Kindern beträgt die Einmalzahlung unter
Einbeziehung des Familienzuschlages und der allgemeinen Stellenzulage
bei der Besoldungsgruppe A
8 rd. 550 Euro
bei der Besoldungsgruppe
A12 rd. 600 Euro
bei der Besoldungsgruppe
A14 rd. 700 Euro
Daneben bleibt die gesetzlich bereits
zugestandene Einmalzahlung von 250 Euro unangetastet. Sie wird wie vereinbart im
August 2007 ausgezahlt.
4. Die
„Familienkomponente“ begünstig kinderreiche Beamtinnen und Beamte
Das Bundesverfassungsgericht hat 2005
festgestellt, dass kinderreiche Familien, d.h. mit mehr als 2 Kindern
„unteralimentiert“ sind. Während in einigen anderen Bundesländern die Beamtinnen
und Beamten die Erhöhung des Kinderzuschlages einklagen müssen, ist es uns
gelungen ab dem dritten Kind einen um 50 Euro brutto im Monat erhöhten
Kinderzuschlag zu vereinbaren – und dies rückwirkend zum 1.1.2007.
Die geschätzten Kosten von bis zu 3,4 Mio.
Euro zeigen, dass viele Beamtenfamilien von dem erhöhten Kinderzuschlag
profitieren werden.
5. Hat der Beamtenbund der 42 Stundenwoche zugestimmt?
Da – wie bereits dargestellt – die
geldlichen Komponenten der Besoldungsvereinbarungen nach objektiven
Gesichtspunkten nicht zu beanstanden sind, wirft man dem Beamtenbund pauschal
und fälschlicherweise vor, der dauerhaften Einführung der 42 Stundenwoche
zugestimmt zu haben.
Fakt ist zunächst, dass sich der Beamtenbund
Hessen massiv, aber ebenso erfolglos wie ver.di, gegen die Erhöhung der
Wochenarbeitszeit auf bis zu 42 Stunden ausgesprochen hat. Dies ist in nahezu
allen Verlautbarungen und Veröffentlichungen des dbb nachzulesen. Die Positionen
der hessischen Landesregierung sind jedoch bei der Wochenarbeitszeit
„zementiert“.
Mit dem Vorschlag, über die Einrichtung von
Lebenszeit-/ Langzeitkonten Zeitgutschriften anzusammeln, wird eben nicht der
dauerhaften Einführung der 42 Stundenwoche zugestimmt. Stattdessen kommt mit
diesem innovativen Modell der „Zeitgutschriften“ eine ungeahnte Bewegung in die
festgefahrene Arbeitszeitdiskussion.
Der Beamtenbund bleibt im Übrigen bei seiner
Forderung, auf der Basis einer tarifvertraglichen Arbeitszeitregelung nach dem
TV-L gleiche Wochenarbeitszeiten für Angestellte und Beamtinnen / Beamte
einzuführen.
Die genauen Konditionen der
Arbeitszeitregelungen sind aus der Vereinbarung und den erklärenden
Erläuterungen des Hessischen Innenministeriums zu entnehmen.
6.
Zeitpunkt, Strategie
und Verhandlungsführung
Gelegentlich wird behauptet, 2,4 Prozent
Besoldungserhöhung sei locker auch ohne Zutun des dbb drin gewesen. Hätte man
die „richtigen“ Leute verhandeln lassen, wäre die Besoldungserhöhung früher und
bei niedrigerer Arbeitszeit ausgehandelt worden. Dass Ministerpräsident Koch vor
der Landtagswahl noch was „Gutes „ tun müsse, wäre ohnehin klar.
Zunächst ist klar festzustellen, dass der
hessische Beamtenbund ver.di in keiner Weise daran gehindert hat, mit der
hessischen Landesregierung bereits zu einem früheren Zeitpunkt „hart“ zu
verhandeln und ein deutlich besseres Ergebnis zu erzielen.
Allein ver.di hat es nicht getan („es gibt
nichts Gutes, es sei denn man tut es“). Und ob MP Koch vor der Wahl seinerseits
noch etwas „Gutes“ getan hätte, gehört eher in den Bereich der Spekulation.
Auf der Homepage einer wichtigen
Gewerkschaft ist der Satz zu lesen: „Tarifpolitik ist Realpolitik. Von nix kommt
nix“. Noch Fragen ?
Der Zeitpunkt der Besoldungsvereinbarung ist
sicher der im Januar 2008 bevorstehenden Landtagswahl geschuldet. Sofern im
Landtag noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Besoldungsgesetz
verabschiedet werden soll, musste zügig verhandelt werden.
7. Hat die Besoldungsvereinbarung negative Auswirkungen
auf die Tarifgespräche?
Es ist in der Tat richtig, dass die
hessische Landesregierung der dbb tarifunion auf der Basis der
Besoldungsvereinbarung die Aufnahme förmlicher Tarifverhandlungen angeboten hat.
Bisher wurden lediglich Tarifgespräche geführt.
Der 1. Vorsitzende der dbb tarifunion, Frank
Stöhr, zeigt sich gesprächsbereit; fordert aber ebenso entschieden wie ver.di
die Übernahme des TV- L für Hessen. Nur der TV-L sichert auf einer modernen
Grundlage Einkommen, begrenzt die Arbeitszeit und schafft Perspektiven für die
Beschäftigten.
Die dbb tarifunion hat ihre Forderungen
durch eine Fülle von Aktionen- zuletzt mit mehreren hundert Teilnehmern auf der
Frankfurter Zeil – gegenüber der Landesregierung und der Öffentlichkeit
unterstrichen.
Die dbb tarifunion macht als Tarifpartner
der hessischen Landesregierung deutlich, dass Tarifverhandlungen unter
eigenständigen Mechanismen und völlig anderen Anforderungen als bei der
Besoldungsvereinbarung geführt werden. Insofern sind Ängste die
Besoldungsvereinbarung hätte negative Folgen völlig unbegründet. Es kommt auf
die „Stärke“ der beteiligten Gewerkschaften an. Frank Stöhr geht davon aus,
„dass Koch und Bouffier dies auch wissen, wenn nicht, werden wir es ihnen in den
nächsten Wochen und Monaten am Tariftisch und im Wahlkampf erklären“.
Übrigens ist der BSBD Hessen aktives
Mitglied der dbb tarifunion. Bei uns können Sie sich über die aktuellen
Entwicklungen an der „Tariffront“ informieren.
8. Gemeinsam streiten
– gemeinsam kämpfen
Viele Kolleginnen und Kollegen reagieren auf
den „Schlagabtausch“ zwischen den Gewerkschaften mit Unverständnis. Da der
Schlagabtausch von den DGB-Gewerkschaften unvermittelt begonnen wurde, musste
der Beamtenbund die Beschäftigten entsprechend aufklären. Angesichts der für
alle sichtbaren und spürbaren Verschlechterungen der Arbeits- und
Beschäftigungsbedingungen nutzen verletzte Eitelkeiten oder gar persönliche
Herabsetzungen nur dem Arbeitgeber.
Kolleginnen und Kollegen von ver.di, dem
Beamtenbund und „freien Listen“ arbeiten in Personalräten alltäglich,
gewerkschaftsübergreifend im Interesse der Beschäftigten an einem Strang. Der
BSBD Hessen wünscht sich, dass dies trotz eines Wettbewerbes um die besseren
Wege und Ideen so bleibt.
Gerade die Angestellten unserer Behörde, deren
Familienbudget häufig auf Kante genäht ist, haben zu recht kein Verständnis für
ein „kleinliches Gewerkschaftsgezänk“. Gerade die Durchsetzung des TV-L mit
kräftigen Einkommensverbesserungen und ohne eine „hessische Giftliste“ erfordert
die ungeteilte Solidarität unter den beteiligten Gewerkschaften.
(Quelle:
Rundschreiben DVG – Hessen
im PDF-Format)
Dienstrechtskongress
Am Mittwoch, den 16.Mai 2007 fand in Wiesbaden
der Kongress Dienstrechtsreform in Hessen statt.
Hessen beabsichtigt, die neu gewonnenen
Gesetzgebungskompetenzen der Länder im Bereich der Besoldung, der Versorgung und
des Laufbahnrechts zu einer umfassenden Modernisierung des öffentlichen
Dienstrechts in der neuen Legislaturperiode zu nutzen. [mehr]
Mit kollegialen Grüßen
Günter Kowalski
ältere Infoservice-Dateien finden Sie hier:
zum BSBD – Infoservice Nr: 05/2007
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